Horatio Hornblower


Hornblower wird als zurückhaltende und grüblerische, zuweilen selbstquälerische Persönlichkeit geschildert. Er ist mathematisch sehr begabt, was ihm bei der Navigation zugute kommt. Allgemein ist er ein hervorragender Seemann. Er spielt leidenschaftlich gern Whist, und für eine kurze Zeit, nach dem Frieden von Amiens, ist er aus Not sogar eine Art Berufsspieler. Hornblower spricht Französisch und Spanisch, letzeres erlernte er in Gefangenschaft. Sein Lieblingsbuch ist anscheinend Edward Gibbons Werk vom "Verfall und Untergang des Römischen Imperiums", das mehrfach erwähnt wird. Hornblowers Schwächen sind seine totale Unmusikalität (es könnte sich um einen Fall angeborener Amusie, auch Dysmusie genannt, handeln) und die Neigung zur Seekrankheit. Beides sucht er zu verbergen, scheint aber sowohl Freunden als auch Kollegen nicht verborgen zu bleiben. Im ersten von Forester geschriebenen Hornblower-Roman, "Die erfolgreiche Reise" (1808 spielend), wird Hornblowers Erscheinungsbild geschildert: "Das Gesicht, das er im Spiegel bemerkte, war weder hübsch noch häßlich, weder alt noch jung. Melancholisch braune Augen blickten ihn an; die Stirn war ziemlich hoch, die Nase einigermaßen gerade, und der gutgeformte Mund verriet die in zwanzigjährigem Seedienst erworbene Charakterfestigkeit. Das leicht gelockte braune Haar begann an den Schläfen lichter zu werden, wodurch die Stirn noch etwas höher erschien." Hornblower ist schlank und muskulös, besitzt aber einen leichten Bauchansatz. Lady Barbara Wellesley, seine spätere Gattin, empfindet Hornblowers Hände als schön.

Obwohl im Verlaufe der Erzählungen gelegentlich Freunde und Bekannte erwähnt werden, besitzt er nur in William Bush einen engen Freund. Seine erste Ehe mit Maria, geb. Mason, wurde überstürzt geschlossen. Marias Liebe wurde von Hornblower wohl bestenfalls durch ein gewisses Maß an Zuneigung erwidert. Der Ehe entsprossen drei Kinder, von denen zwei, Maria und Horatio, bereits im jüngsten Alter verstarben. Das dritte wurde Richard genannt, nach seinem Paten Richard Wellesley. Die Verbindung zur Familie Wellesley war entstanden, nachdem Hornblower Lady Barbara Wellesley, eine fiktive Schwester der berühmten Brüder Richard und Arthur, auf seiner Fregatte Lydia von Mittelamerika aus nach Hause brachte. Bereits auf der Lydia entwickelte sich zwischen Hornblower und Lady Barbara gegenseitige Zuneigung. Da jedoch zu dieser Zeit Hornblower verheiratet und Lady Barbara verlobt war, konnte sich keine Liebesbeziehung entwickeln. Erst nach dem Tod Marias und nachdem Lady Barbaras Gatte, Sir Percy Leighton, gefallen war, konnten Hornblower und Lady Barbara heiraten. Aus dieser Ehe gingen keine weiteren Kinder hervor, das Paar lebt, wenn Hornblower nicht auf See ist, mit Hornblowers Sohn Richard auf dem Gut Smallbridge. Hornblowers Beziehung zu Lady Barbara ist, im Gegensatz zu der zu seiner ersten Frau Maria, von wahrer Liebe und intellektueller Ebenbürtigkeit gekennzeichnet. Lady Barbara durchschaut schnell Hornblowers Verlegenheitsmerkmal, das berühmte Räuspern: "Ha-Hm". Im Gegensatz zu Hornblower ist sie musikalisch. Da sie aus adeliger Familie stammt, Hornblower aber nur der Sohn eines einfachen Arztes, scheint er zumindest zu Beginn ihrer Bekanntschaft wegen seiner bescheidenen Herkunft Minderwertigkeitskomplexe zu haben.

Hornblower geht sowohl während seiner ersten als auch seiner zweiten Ehe fremd. Den ersten Ehebruch begeht Hornblower (damals noch mit Maria verheiratet) während seiner Flucht durch Frankreich, als er eine Affäre mit der verwitweten Marie de Graçay beginnt. Während Hornblowers Mission in der Ostee, er ist noch nicht lange mit Lady Barbara verheiratet, wird er im Rahmen eines Banketts vermutlich mit seiner Tischdame, der verheirateten Gräfin Canerine, intim. Es wird nahegelegt, daß die Gräfin bei einer zweiten Begegnung in Riga nicht abgeneigt ist, die Beziehung fortzuführen, jedoch entzieht sich Hornblower Annäherungsversuchen (Der Kommodore, Krüger 285ff). Bei einer unerwarteten Begegnung des Ehepaars Hornblower mit Marie de Gracey und ihrem Schwiegervater, dem alten Grafen, auf einem Ball in Frankreich nach dem Friedensschluß 1814 zeichnet sich deutlich ab, daß Hornblower noch immer starke Empfindungen für Marie hat. (Lord Hornblower, 624ff). Kurze Zeit später fährt Barbara zum Kongreß nach Wien, während Hornblower sich kurzfristig zu einem Besuch bei den Graçays in Frankreich entschließt. Dort stürzt er sich wiederum in eine leidenschaftliche Beziehung mit Marie. Die Graçays und Hornblower leisten dem nach einer plötzlichen Landung neuerlich errichteten Regime Napoleons durch eine Art Guerillakrieg Widerstand. Während eines Gefechts wird Marie getötet.